Eine niederländische Steuerberatergesellschaft hat gegen bestehendes deutsches Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklagt, da es ihrer Meinung nach gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit verstoße. Es ist dazu gekommen, weil eine Umsatzsteuererklärung für ein Unternehmen nicht vom deutschen Finanzamt respektiert wurde.

Verstoß gegen die innereuropäische Dienstleistungsfreiheit

Bisher können ausländische Steuerberater in Deutschland nur ihre Tätigkeit ausüben, wenn sie selber auf deutschem Boden angesiedelt sind. Genau dies ist laut EuGH aber ein Verstoß gegen die innereuropäische Dienstleistungsfreiheit. Mit einer Änderung des Gesetzes wird erwartet, dass die Beratungen aus dem Ausland steigen.

Leichtes Aufatmen bei deutschen Steuerberatern: Gesetzeslockerung statt -abschaffung

Mit der bevorstehenden Reform befürchten die deutschen Steuerberater eine zu große Konkurrenz über die Ländergrenzen hinaus. Doch die gut 94.000 in Deutschland tätigen Steuerberater können ein wenig aufatmen, da der EuGH die Vorschriften bezüglich des Zugangs zur deutschen Steuerberaterbranche lediglich lockerte und nicht gänzlich abschaffte. In Zukunft ist es deutschen Steuerzahlern unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Hilfe ausländischer Steuerberater einzuholen.

Die bisherige Regelung und ihre Korrektur

Bislang war es ausländischen Steuerberatern erlaubt, mit „vorübergehender und gelegentlicher Hilfeleistung“ in Deutschland tätig zu sein. Diese Regelung hatte nur dann Bestand, wenn der Berater physisch seinen Fuß über die Grenze gesetzt hatte.

Beratungen über Telefon oder E-Mail konnten nicht mit dieser Klausel begründet werden. Nach Meinung des EuGH sei diese Regelung zu eng und stelle einen Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit dar, sodass eine Korrektur auf deutscher Seite nötig sei.

Faires Steuerrecht in Europa gefordert

Im kommendem Jahr verfolgt die EU-Kommission ein ehrgeiziges Ziel: Sie will mit Nachdruck Steuervermeidung anfechten. Dabei sollen alle Unternehmen einen fairen Beitrag leisten.

Zugleich zieht dies aber keine völlige Öffnung der deutschen Steuerberaterbranche mit sich, da für den EuGH Verbraucherschutz und Schutz vor Steuerhinterziehungen an höchster Stelle stehen. Aus diesem Grund ist auch eine Begrenzung des freien Dienstleistungsverkehrs zulässig.

In der Folge sind deutsche Behörden dazu verpflichtet, die Qualifikation des ausländischen Steuerberaters „ihrem Wert entsprechend“ zu akzeptieren und zu respektieren. Die Formulierung „ihrem Wert entsprechend“ stellt indes keinen Freifahrtschein für jeden Berater dar. Die Steuerberaterkammern dürfen überprüfen, ob der ausländische Berater ausreichend in Sachen Steuerrecht Bescheid weiß. Dabei muss eine Gesellschaft aber nicht von einem Steuerberater geführt werden.

Blick in die Praxis

Das erwartet Steuerberater aus dem EU-Ausland sowie der Schweiz bevor, wenn sie in Deutschland tätig werden wollen:

  • Jeder Beratungsfall muss bei der verantwortlichen Steuerberaterkammer gemeldet werden. Diese beurteilt dann die Qualifikation des Antragstellers.
  • Kommen die Steuerberater aus den Niederlanden oder der Schweiz, wo keine spezielle Steuerberaterprüfung existiert, ist eine Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren Voraussetzung.
  • Wenn die Steuerberaterkammer nichts beanstandet, ist der Steuerberater aus dem Ausland für eine „Hilfeleistung in Steuersachen“ befugt. Dabei ist aber eine erneute Meldung für zukünftige Aufträge nicht ausgeschlossen.

Noch spielt die Steuerberatung durch ausländische Sachverständige eine eher geringe Rolle. Sie könnte aber dominanter werden, wenn nun auch Beratertätigkeiten per Telefon oder E-Mail zulässig sind.

Der Präsident der deutschen Bundessteuerberaterkammer, Raoul Riedlinger, verweist nochmals auf die Wichtigkeit, dass Mandanten vor unqualifizierten Steuerberatern geschützt werden müssen und dass hier die Gerichte und der Gesetzgeber in der Pflicht sind.